Klimaschutz im Schienenverkehr
München, 08.09.2021Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer: "Weg zu klimaneutralem SPNV-Angebot in Bayern nimmt Konturen an"
- Neue Studie zu emissionsfreien Antrieben im Schienenpersonennahverkehr bestätigt Bayerische Elektromobilitätsstrategie Schiene (BESS)
- Beste CO2-Einsparungsprognose für Elektrozüge und batterieelektrische Fahrzeuge
- Studie liefert Basis für bayerisches Exit-Konzept zu Dieselzügen
Sie soll der Einstieg in den Ausstieg sein: Die Bayerische Elektromobilitätsstrategie Schiene (BESS) bereitet den Weg für das Ende von Dieselmotoren im bayerischen Schienenpersonennahverkehr. Eine ergänzende Studie der TU Dresden zu Antriebsvarianten auf der Schiene liefert nun die Bestätigung dafür. Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer: „Beim Abschied vom Dieselmotor gibt es mehrere umweltfreundliche technische Optionen. Die neue Studie liefert uns wichtige Informationen für die Auswahl der jeweils besten abgasfreien Lösung. Wir wollen bis zum Jahr 2040 auch im Schienenpersonennahverkehr klimaneutral werden und unsere Fahrgäste emissionsfrei von Punkt A nach B bringen. Davon profitieren dann auch alle Streckenanrainer. Ich werde bis Ende dieses Jahres einen landesweiten Fahrplan für den kompletten Umstieg auf Klimazüge im Freistaat vorlegen. Es ist unsere Verantwortung als Politik, dass wir unsere Themen klug mit der Ökologie verbinden. 19 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus dem Verkehrsbereich insgesamt. Wir können im Verkehrsministerium also viel für das Klima bewegen!“
Die Dieselzüge sollen in Zukunft sukzessive von abgasfreien Fahrzeugen abgelöst werden. Erreicht werden kann dies zum einen durch die Elektrifizierung von Bahnstrecken oder durch lokal emissionsfreie Fahrzeuge mit beispielsweise Wasserstoff- oder Batterieantrieb. Für Letztere kann manchmal die bestehende Oberleitungsinfrastruktur ausreichen, in einigen Fällen sind zusätzliche Lademöglichkeiten zu schaffen durch Teilelektrifizierungen oder Oberleitungsladeinseln. Die TU Dresden konstatiert in ihrem Gutachten, dass alle drei Alternativen erhebliche ökologische Verbesserungen mit sich bringen. In der Regel wird dem Betrieb über die Oberleitung oder die Kombination aus Oberleitung und Batterie bei der CO2-Reduktion gegenüber dem herkömmlichen Dieselbetrieb das höchste Potential attestiert mit einer Einsparung von rund 90 Prozent über 25 Jahre hinweg betrachtet. Beim Wasserstoffantrieb wird dieser Wert – abhängig vom Wasserstoff-Herstellungsverfahren – mit einer Spanne von 42 bis 74 Prozent taxiert. Hier spielen der noch deutlich geringere Wirkungsgrad und damit höhere Energieverbrauch eine entscheidende Rolle.
Dazu ergänzt Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die im Auftrag des bayerischen Verkehrsministeriums den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Bayern plant, finanziert und kontrolliert: „Seit Veröffentlichung der ersten Studie 2017 hat sich einiges getan: Ausgiebige Tests der damals erstmals vorgestellten Prototypen haben gezeigt, dass alternative Antriebe betrieblich für den täglichen Einsatz geeignet sind und technisch stetig weiterentwickelt werden. Damit sind wir unserem Ziel, dass SPNV-Leistungen, die in den kommenden Jahren zur Ausschreibung anstehen, möglichst mit effizienten und emissionsarmen Antriebssystemen erbracht werden, einen großen Schritt nähergekommen. Dabei müssen wir aber viele Herausforderungen stemmen: Bei der Fahrplangestaltung sind beispielsweise Nachladezeiten und Reichweiten von Akkus zu beachten. Bei der Infrastruktur müssen wir dafür sorgen, dass Wasserstofftankstellen oder zusätzliche Oberleitungen gebaut werden.“
Im Jahr 2017 hatte die TU Dresden im Auftrag der BEG erstmals untersucht, welche Antriebsarten im SPNV - unabhängig vom Umweltaspekt - von den Betriebskosten für neue Fahrzeuge und neue Infrastruktur für die öffentliche Hand am kostengünstigsten sind. Die Studie hatte deutschlandweit in der Eisenbahnbranche für viel Aufsehen gesorgt, wurde immer wieder zitiert und für Strategien herangezogen. Die Staatsregierung hatte daraufhin Anfang 2018 als erstes Bundesland mit der Bayerischen Elektromobilitätsstrategie Schiene (BESS) ein Konzept für den Ausstieg vom Diesel-SPNV entwickelt und beschlossen. „Seitdem hat sich einiges getan. Die damals noch gar nicht einsatzreifen Fahrzeuge mit emissionsfreien Antrieben haben zwischenzeitlich Praxistests absolviert und gezeigt, dass sie für den täglichen Einsatz geeignet sind. Erfreulicherweise hat sich die Zahl der potentiellen Fahrzeuganbieter erhöht, auch die Kostenansätze sind valider geworden. Daher war es mir wichtig, dass wir jetzt vor der Erarbeitung unserer Diesel-Exit-Strategie noch ein wissenschaftlich fundiertes Update der damaligen Ergebnisse vorgelegt bekommen“, betont Ministerin Schreyer.
Im bayerischen SPNV werden augenblicklich noch etwas mehr als 40 Prozent der Zugkilometerleistungen mit Dieselzügen erbracht - schwerpunktmäßig im südlichen Schwaben, in Nordostbayern und im östlichen Oberbayern. Der Elektrifizierungsgrad des Streckennetzes im größten Flächenland Deutschlands liegt trotz der Inbetriebnahme der ausgebauten Strecke München – Lindau vor einem dreiviertel Jahr mit rund 50 Prozent immer noch um rund zehn Prozentpunkte unter dem nationalen Wert. Allerdings befinden sich im Freistaat die bundesweiten meisten Elektrifizierungsprojekte in der Planung, wodurch das mit Oberleitungen versehene Schienennetz zwischen Aschaffenburg und Berchtesgaden in den nächsten 15 Jahren um noch einmal rund 850 Kilometer und damit knapp 30 Prozent zunehmen soll. Bereits heuer sollen zum Jahresende zehn zusätzliche Kilometer ans Netz gehen mit dem bayerischen Abschnitt der Südbahn zwischen Lindau und Friedrichshafen, dem zweiten Gleis über den Inseldamm zur Insel Lindau und dem Streckenabschnitt von der bayerisch-tirolerischen Grenze bis nach Pfronten-Steinach.
Die komplette Ergänzungs-Studie finden Sie, genauso wie die Basis-Studie, unter https://beg.bahnland-bayern.de/de/themen/gutachten-alternative-antriebe-im-bahnland-bayern