Allgemeines zum Bauplanungsrecht
Die bauliche Nutzung eines Grundstücks kann von den Gemeinden im Wege der Bauleitplanung vorbereitet und gesteuert werden. Ob ein Bauvorhaben überhaupt und in dem gewünschten Ausmaß zulässig ist, hängt davon ab, ob es die bauplanungsrechtlichen Anforderungen gemäß §§ 29 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) erfüllt:
Diese Voraussetzungen gelten insbesondere für die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen, also für die Errichtung von Gebäuden. Die Zulässigkeitsanforderungen unterscheiden sich, je nachdem in welchem Gebiet das Grundstück liegt.
Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans
Die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines Bebauungsplans richtet sich nach § 30 BauGB. Es ist dabei zu unterscheiden, was für ein Bebauungsplan vorliegt:
Sofern die Gemeinde einen sogenannten qualifizierten Bebauungsplan nach § 30 Absatz 1 BauGB erlassen hat, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen dieses Bebauungsplans nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Ein qualifizierter Bebauungsplan liegt vor, wenn er allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält. Das Gleiche gilt im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach §§ 12, 30 Absatz 2 BauGB.
Wenn das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entspricht, besteht die Möglichkeit, dass die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag und im Einvernehmen mit der Gemeinde (§ 36 BauGB) von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweicht (§ 31 BauGB). Dies hat zur Folge, dass das Vorhaben doch genehmigungsfähig ist. Bei der Entscheidung, ob eine Ausnahme oder Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen ist, hat die Bauaufsichtsbehörde ein Ermessen.
Ist im Bebauungsplan eine Ausnahmemöglichkeit bereits vorgesehen, kann die Bauaufsichtsbehörde eine solche Ausnahme nach § 31 Absatz 1 BauGB erteilen. Hat die Gemeinde im Bebauungsplan beispielsweise ein reines Wohngebiet festgesetzt, sind damit Läden und nicht störende Handwerksbetriebe schon nach dem Bebauungsplan ausnahmsweise zulässig. Bei der Frage, ob dann zum Beispiel eine kleine Bäckerei ausnahmsweise zugelassen werden kann, hat die Bauaufsichtsbehörde darauf zu achten, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis im Baugebiet gewahrt bleibt. Die Zulassung einer Ausnahme, hier der Bäckerei, darf nicht dazu führen, dass sich der Charakter der festgesetzten Gebietsart, hier reines Wohngebiet, ändert.
Sofern der Bebauungsplan nicht selbst Ausnahmemöglichkeiten vorsieht, kann die Bauaufsichtsbehörde von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Absatz 2 BauGB befreien. Dies setzt insbesondere voraus, dass die Grundzüge der gemeindlichen Planung nicht berührt werden. Die Grundkonzeption der Planung muss erhalten bleiben.
Mit dem Gesetz zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz vom 23.06.2021) wurde § 31 Abs. 3 BauGB eingeführt. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung sollen mit dieser Regelung erleichtert werden. Demnach kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Voraussetzung ist aber, dass das jeweilige Bundesland die Gemeinde mit einer Verordnung nach § 201a BauGB zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt hat. Auch der genaue Anwendungsbereich der Neuerung wurde vom Gesetzgeber nicht geklärt.
Sofern sich das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befindet, der weder die Anforderungen an einen qualifizierten noch an einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erfüllt (einfacher Bebauungsplan), muss das Vorhaben zunächst die vorhandenen Festsetzungen dieses Bebauungsplans einhalten. Außerdem müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 34 oder 35 BauGB gegeben sein, je nachdem, ob sich das Vorhaben im Innen- oder im Außenbereich befindet.
Zulässigkeit von Vorhaben im Innenbereich
Die Zulässigkeit eines Vorhabens im Innenbereich richtet sich nach § 34 BauGB.
Ein Vorhaben ist dort zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entscheidend ist also, dass sich das Vorhaben in die im näheren Umgriff tatsächlich vorhandene städtebauliche Situation einfügt.
Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich
Der Außenbereich ist grundsätzlich von Bebauung freizuhalten. Er dient der naturgegebenen Bodennutzung und der Erholung für die Allgemeinheit. Für die Frage, ob ein Vorhaben im Außenbereich zulässig ist, ist zwischen sogenannten privilegierten und sogenannten nicht privilegierten Vorhaben zu unterscheiden. Privilegierte Vorhaben sind in der Regel im Außenbereich zulässig, nicht privilegierte Vorhaben hingegen nicht.
Sogenannte privilegierte Vorhaben nach § 35 Absatz 1 BauGB sind insbesondere Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen. Diese sind zulässig, wenn öffentliche Belange nach § 35 Absatz 3 BauGB nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Entgegenstehende öffentliche Belange sind beispielsweise der Widerspruch des Vorhabens zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder die Befürchtung der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung.
Die sonstigen, das heißt nicht privilegierten, Vorhaben nach § 35 Absatz 2 BauGB sind im Einzelfall zulässig, wenn ihre Ausführung öffentliche Belange nach § 35 Absatz 3 BauGB nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
Einvernehmen der Gemeinde
Handelt es sich um ein Vorhaben nach §§ 31, 34 und 35 BauGB, ist das Einvernehmen der Gemeinde gemäß § 36 Absatz 1 Satz 1 BauGB erforderlich. Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nur aus bauplanungsrechtlichen Gründen versagen. Versagt sie ihr Einvernehmen in rechtswidriger Weise, kann die Baugenehmigungsbehörde das Einvernehmen der Gemeinde ersetzen und die Baugenehmigung erteilen.