Digitalisierung
Die fortschreitende Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft in rasantem Tempo. Sei es die Arbeitswelt, wo digitale Prozesse und Geschäftsmodelle in zunehmendem Maße traditionelle Muster ersetzen, oder auch das private Umfeld, in dem die Nutzung digitaler Informationsquellen mittlerweile fester Bestandteil des Alltags geworden ist.
Digitalisierung erfolgt im Gleichschritt mit der Durchdringung, Vernetzung und Veränderung fast aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche durch die sich massiv weiterentwickelnden Informations- und Kommunikationstechnologien. Dabei werden fortlaufend einst vertraute Strukturen verändert und Grenzen verschoben. Die umfassende Nutzung von Daten, die Vernetzung der Prozesse, der Einsatz neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz oder Blockchain und eine sich verändernde Kommunikation aller Beteiligten schaffen neue Grundlagen für alle Bereich von Wirtschaft und Gesellschaft.
Im Gesamtfeld der Digitalisierung, stößt man unabhängig von den genannten Veränderungen wiederkehrend auf strukturelle Gegebenheiten, die im Grund das Feld der Digitalisierung wie Dimensionen vollständig aufspannen. Dimensionen der Digitalisierung in diesem Sinne sind Teilhaber, Prozesse, Daten und Technologien. Diese Dimensionen sind als Themenschwerpunkte bei allen strategischen Diskussionen zur Digitalen Transformation angemessen zu berücksichtigen.
Digitalisierung ist auch im Bereich Wohnen, Bau und Verkehr heute mehr denn je Triebfeder für technische, gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Von einer durchgängig digitalen Verwaltung profitieren Bürger und Unternehmen. Sie erleichtert und beschleunigt die Abläufe innerhalb und zwischen den Behörden sowie mit Dritten. Bei der Vielfalt der aktuellen Entwicklungen muss auch von Seiten der Verwaltung ein zukunftssichernder Entscheidungs- und Handlungsrahmen entsprechend den aktuellsten technischen Möglichkeiten bereitgestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist im Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr ein eigener Bereich „Digitalisierung“ eingerichtet, der aktuell schwerpunktmäßig folgende Aufgaben abdeckt:
- Entwicklung und Umsetzung der Digitalisierungsstrategie
- Initiierung, Begleitung und Steuerung von Digitalisierungsprozessen
- Digital unterstützte Öffentlichkeitseinbindung
- Building Information Modeling
- Nutzung einer durchgängigen Geodateninfrastruktur
- Koordinierung der Fachverfahren im Hinblick auf Fragen der Digitalisierung
Building Information Modeling (BIM)
Die Implementierung von BIM ist weit mehr als die Einführung einer neuen Technologie oder Software, sie ist ein Kulturwandel für alle am Planen und Bauen Beteiligten. BIM beschreibt eine Methode zur vernetzten Planung, baulichen Umsetzung und Bewirtschaftung von Infrastrukturen, Gebäuden und anderen Bauwerken. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert und visualisiert. Damit werden im staatlichen Bauwesen die Vorteile der Digitalisierung mit denen kooperativer Arbeitsprozesse in Planung, Bau und Betrieb vereint. Künftig steht das „Digitale Modell“ im Zentrum und ermöglicht jederzeit Zugriff auf alle aktuellen Projektinformationen.
Die Einsatzmöglichkeiten von BIM erstrecken sich umfassend über die gesamte Wertschöpfungskette von Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung. Als Potenziale bieten sich deutliche Effizienzsteigerungen über den gesamten Lebenszyklus von Liegenschaften und Straßeninfrastruktur. Beispiele hierfür sind im Bereich Hochbau die Digitalisierung von Facility-Management-Prozessen, oder im Bereich Straßenbau die digitalisierte Zustandserfassung im Bestand. Gerade im Bereich der Inspektion und Wartung können durch die Weiterverwendung der modellbasierten Daten digitale Ablaufpläne erstellt werden, die eine deutliche Verbesserung bei Personalplanung und Instandhaltungsqualität ermöglichen. Die zuverlässige Informationsbasis erlaubt ferner eine Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit der Projektbeteiligten. Durch eine modellbasierte digitale Visualisierung können auch fachfremde Beteiligte frühzeitig eingebunden werden. Darüber hinaus unterstützt die Datenbasis bei der Sanierung und dem Rückbau. Dadurch werden Ressourcen geschont und ein kreislaufgerechter Materialeinsatz ermöglicht. BIM kann somit in allen Lebenszyklusphasen auch die Nachhaltigkeit verbessern und zur Dekarbonisierung beitragen.
Schon heute bearbeitet jedes Staatliche Bauamt mindestens ein Projekt je Bereich (Hochbau, Hochschulbau und Straßenbau) mit der BIM-Methode. Das sind aktuell 41 Hochbau- und 20 Straßenbauprojekte. Unter diesen 61 BIM-Projekten befinden sich auch Großprojekte wie die Neubaumaßnahmen für das Klinikum Großhadern, die Technische Universität Nürnberg oder den Wanktunnel im Zuge der Verlegung der Bundesstraße 2 östlich von Garmisch-Partenkirchen.
Um die BIM-Strukturen in Bayern zu stärken, hat das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr gemeinsam mit dem Bayerischen Bauindustrieverband, der Bayerischen Architektenkammer, der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, dem Landesverband Bayerischer Bauinnungen und der Regionalgruppe Bayern von buildingSMART das BIM-Cluster Bayern gegründet. Das BIM-Cluster Bayern ist Sprachrohr sowie Koordinierungs- und Abstimmungsorgan, das den Aufbau einer professionellen Struktur für die Digitalisierung der Baubranche in Bayern vorantreibt. Die Geschäftsstelle des BIM-Clusters Bayern wurde am Standort Augsburg des Ministeriums eingerichtet. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite BIM Bayern.
Diese Maßnahmen zeigen in Summe eindeutig auf: Bayern wird bundesweiter Vorreiter beim digitalen Planen und Bauen mit durchgängig digitalen Prozessen und Methoden über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerkes sowie der uneingeschränkten Nutzbarkeit von Daten.
Onlinezugangsgesetz (OZG)
Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz - OZG) des Bundes verpflichtet Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Ziel ist die Digitalisierung bestehender Verwaltungsleistungen und -prozesse. Damit wird die Inanspruchnahme von Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen einfacher und effizienter sowie räumlich und zeitlich unabhängig gestaltet. Zudem soll die öffentliche Verwaltung entlastet und Prozesse effizienter werden.
Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr stellt den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen in enger Zusammenarbeit mit den bayerischen Kommunen eine Vielzahl an Online-Diensten bereit. Diese werden fortlaufend weiterentwickelt und den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer angepasst. Aufgrund hoher Fallzahlen und großem Digitalisierungspotenzial sind folgende Leistungen von besonderer Bedeutung:
- Digitaler Bauantrag
- Online-Wohngeldantrag
- Antrag auf Straßensondernutzung
- Digitaler Breitbandantrag
- Internetbasierte Fahrzeugzulassung (i-Kfz)
Der Zugang zu den bayerischen Verwaltungsleistungen erfolgt über das Bayern-Portal, das vom Staatsministerium für Digitales (StMD) betrieben wird. Der technische Betrieb erfolgt durch das IT-Dienstleistungszentrum des Freistaat Bayerns (IT-DLZ). Über den bundesweiten Portalverbund ist ein Zugang aus allen Bundesländern möglich.
Geodaten
Bevölkerungsentwicklung, demographischer Wandel, Urbanisierung, sozio-demographische Verschiebungen, Verkehrsentwicklung, Globalisierung, Klimawandel sowie weitere regionale und überregionale Faktoren verändern die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Anforderungen an die bauliche und verkehrliche Infrastruktur unseres Landes. Die Entwicklung zukunftsgerichteter Konzepte ist eng mit der Nutzung und Auswertung raumbezogener Daten (Geodaten) verbunden. Nur auf deren Grundlage können komplexe Zusammenhänge bestehender Strukturen herausgearbeitet und erkennbare Handlungspotentiale abgeleitet werden. Die inhaltsübergreifende Verknüpfung und Analyse von Geodaten, die über eine rein kartographische Darstellung von Einzelinformationen hinausgeht, ist dabei von zentraler Bedeutung.
Im Bereich des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr finden entsprechende Geodatenanalysen bereits in einer Reihe von Themenfeldern statt:
- Strukturplanung, Standortfestlegungen und Standortentwicklung
- Bauleitplanung
- Stadtentwicklung, Smart City
- Bedarfsplanung
- Infrastrukturplanung, -bereitstellung und -erhaltung
- Objektplanung und -realisierung
- Building Information Modeling (BIM)
- Flächenmanagement, Ressourcenschutz, Naturschutz und Landschafts-planung
- Informationen zu Gebäuden, Infrastruktur und Verkehr
- Mobilitätswahrnehmung & vernetzte Mobilität
- Verkehrssteuerung
- Verkehrssicherheit
- Asset-Management
- Statistik und Analyse
Die umfassende Versorgung mit georeferenzierten Daten und die Bereitstellung zeitgemäßer IT-Werkzeuge zur Verknüpfung aller verfügbaren Informationen sind für eine übergreifende Planung von Infrastruktur und Verkehr entscheidend. Hinzu kommt, dass das Datenangebot durch neue Möglichkeiten der Datenerfassung und -bereitstellung (z. B. durch die Entwicklungen des „Internet of Things“, Sensordaten) massiv zunimmt.
Die Staatsbauverwaltung setzt daher in immer größerem Umfang moderne und leistungsfähige Werkzeuge zur Erfassung, Verarbeitung und Analyse von georeferenzierten Fachdaten ein. Nicht zuletzt durch die enge und umfangreiche Zusammenarbeit mit global agierenden Anbietern von Geoinformationssystemen (GIS) und die aufgabenbezogene Erarbeitung von Lösungen durch lokal agierende Anwendungsentwickler stehen heute Werkzeuge zur Verfügung, die ein breites Spektrum der Geodatennutzung ermöglichen. Genannt seien hier exemplarisch die Bereiche:
- Datenselektion (z. B. Ermittlung von Unfallhäufungsstellen)
- Datenverschneidung (z. B. Unfallstruktur bei verschiedenen Fahrbahntrassierungen)
- Datenaggregation (z. B. Zusammenführung von demographischen und sozialstrukturellen Veränderungen)
- Musteranalyse (z. B. Wohnstruktur und Bevölkerungsstruktur)
- Prognosen der gesellschaftlichen und verkehrlichen Entwicklung (z. B. Veränderung von Pendlerströmen)
- Nachbarschaftsbewertungen (z. B. Vergleich des verkehrlichen Verhaltens in Städten und im ländlichen Raum)
- Erreichbarkeitsuntersuchungen (z. B. Erreichbarkeit von Apotheken)
Für eine ganzheitliche Betrachtung aktueller Fragestellungen ist die Verfügbarkeit einer umfangreichen und zuverlässigen Datengrundlage unabdingbar. Vor diesem Hintergrund stellt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr verschiedene Geofachdaten offen zur weiteren Nutzung zur Verfügung (Open Data).
Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz können über die genannten Bereiche hinaus neue und deutlich effektivere Wege der Datenanalyse als bisher erschlossen werden.
Künstliche Intelligenz
In der Regierungserklärung „Hightech Agenda Bayern“ vom 10. Oktober 2019 hat Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder die Zielstellung formuliert, bei den Bestrebungen und Initiativen des Freistaates zur Digitalisierung in den kommenden Jahren einen signifikanten Schwerpunkt auf das Thema Künstliche Intelligenz (KI) zu setzen. Die Bayerische Staatsregierung hat klar erkannt, dass innerhalb der Digitalisierung, der technologisch und gesellschaftlich disruptiven Herausforderung des 21. Jahrhunderts, die Künstliche Intelligenz eine entscheidende Schlüsseltechnologie darstellt, für die in Bayern bereits jetzt ausgeprägte Expertise in der Forschung, technologische Exzellenz und ein enormes wirtschaftliches Potenzial bestehen. Es ist von daher beabsichtigt, eine bayernweit aktive Agentur für Künstliche Intelligenz (Titel „Bayerische KI-Agentur“) einzurichten.
Im Allgemeinen bezeichnet Künstliche Intelligenz den Ansatz, bestimmte Entscheidungsstrukturen des Menschen nachzubilden, indem z. B. ein Computer so gebaut und programmiert wird, dass er relativ eigenständig Probleme bearbeiten kann.
Im ersten Halbjahr 2019 wurde von Seiten des Referats Digitalisierung im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr ein Prototyp zur Anwendung Künstlicher Intelligenz erarbeitet, der die Zustandsentwicklung von baulichen Anlagen der Straßeninfrastruktur (konkret der Fahrbahnoberfläche) und deren für die kommenden Jahre anzusetzenden Erhaltungsstrategien modellhaft untersuchte. Ziel war die Bereitstellung von Handlungsempfehlungen für ein umfassendes, auf Künstliche Intelligenz zurückgreifendes Asset-Management (Aussagen zur Zustandsentwicklung und Qualität der Prognosen).
Die entwickelten Ansätze haben in der Fachwelt der Geodatennutzung breite Anerkennung gefunden. So wurden die Anwendungen in Bayern in der zentralen Plenary Session der international größten Geodatenkonferenz vom 8. bis 12. Juli 2019 in San Diego vom Gründer und Eigentümer des aktuell weltweit größten Anbieters von Geodatenwerkzeugen vor den fast 20.000 Zuhörern mit den Worten „hervorragende Arbeit“ („amazing work“) expressis verbis hervorgehoben.
Über den Prototypen wurde am 3. September 2019 auch im Ministerrat berichtet. Entsprechend der Behandlung im Ministerrat werden die Ansätze weiter vorangetrieben und auch auf andere Aufgabenbereiche übertragen werden. Dazu ist vorgesehen, ein Labor zum Thema „KI und Geodaten“ mit Beteiligung von Experten der Staatsbauverwaltung sowie Universitäten, Start-ups und Firmen aus dem Bereich Data-Science einzurichten.
Blockchain
Blockchain ist eine Schlüsseltechnologie der Digitalisierung. Sie ist eine Art dezentrale Datenbank bzw. ein verteiltes Register, das von den Nutzern dieses Registers betrieben wird. Jede beliebige Transaktion wird transparent und eindeutig zuordenbar durchgeführt – ganz ohne Zutun von autorisierenden Institutionen. Eine Blockchain ist in hohem Maße fälschungssicher und ermöglicht Transaktionen von Daten, Werten und Rechten zwischen einer Vielzahl von Akteuren, die sich grundsätzlich weder kennen noch gegenseitig vertrauen müssen. Die dezentrale Struktur führt zudem zu einer sehr hohen Ausfallsicherheit.
Das StMD hat in enger Abstimmung mit weiteren betroffenen Ressorts eine Blockchain-Strategie für Bayern erarbeitet. Diese behandelt auch den regelmäßigen Austausch mit Blockchain-Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft ein. Als ein wichtiger Baustein der Bayerischen Blockchain-Strategie wird der Umgang mit dieser Zukunftstechnologie auch im öffentlichen Bereich bzw. in der öffentlichen Verwaltung erprobt.
Das StMB ist an der Erarbeitung einer Bayerischen Blockchain-Strategie durch das StMD aktiv beteiligt. Als Anwendungsmöglichkeit der Blockchain-Technologie wird die Transaktionsspeicherung im Bereich Building Information Modeling (BIM) bzw. allgemein für die Realisierung eines Digitalen Zwillings (Digital Twin) diskutiert.
Aktuell
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25.09.2024
Foyer Dialog – Digitalisierung im Hoch- und Straßenbau mit BIM
Am 22. Oktober 2024 geht unsere neue Event- und Ausstellungsreihe in die erste Staffel – mit drei Abendveranstaltungen zum Thema Digitalisierung! Im ersten „Foyer Dialog“ in München geht es um den Hoch- und Straßenbau und das Thema BIM.
mehr -
27.12.2023
Jahresbilanz zum Digitalen Bauantrag
Der Digitale Bauantrag erfreut sich großer Beliebtheit: An den bislang teilnehmenden Ämtern in Bayern wurden bereits etwa 14.000 digitale Anträge eingereicht. Zum Jahresende 2023 bieten 64 Städte und Landratsämter den digitalen Bauantrag an, weitere 42 befinden sich im Probebetrieb.
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