Zulässigkeit von Überwertkäufen

München, 02.02.2021

Bauministerium widerspricht Stellungnahme des Obersten Rechnungshofes ausdrücklich

  • Keine Alternativen zum Erwerb der Grundstücke
  • Grundstückankäufe bewegen sich im Rahmen der geltenden Regularien

 

Das Bayerische Bauministerium widerspricht der aktuellen Einschätzung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH) energisch. In den vier vom ORH geprüften Fällen handelte es sich ausnahmslos um die einzig wirtschaftliche Möglichkeit der Bedarfsdeckung, es gab dazu folglich keine Alternative. Der Landtag war in allen Fällen umfangreich eingebunden. In den Erwerbsfällen des Wissenschaftsressorts haben sich der Ministerrat und der Haushaltsausschuss mit großer Mehrheit und teilweise sogar einstimmig für die Ankäufe ausgesprochen. Ebenso hat der Haushaltsausschuss dem Erwerb der Grundstücke für das NAWAREUM zugestimmt. Die Immobilien wurden im Rahmen der geltenden Regeln erworben. Die Kritik des ORH ist daher absolut nicht nachvollziehbar. Zudem verschließt sich der ORH sämtlichen Argumenten und vermag es auch nicht, jenseits der allgemeinen Kritik alternative und vor allem konstruktive Lösungen aufzuzeigen.

Zum Prozedere: Unter Berücksichtigung der Standortvorgaben der Nutzerressorts hat die Immobilien Freistaat Bayern eine Markterkundung vorgenommen. Diese hat ergeben, dass für die Deckung der staatlichen Bedarfe keine Alternativen am Markt vorhanden waren. Ein methodischer Wirtschaftlichkeitsvergleich konnte mangels Unterbringungsalternativen nicht durchgeführt werden. Dennoch wurden die Kosten in den genannten Fällen soweit möglich, etwa durch Vergleich mit ortsüblichen Mieten oder Erfahrungswerten zu Umbau- beziehungswiese Neubaukosten, plausibilisiert.

Hinzu kommt, dass die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren in ganz Bayern exorbitant gestiegen sind.  Beim Erwerb von Immobilien durch den Freistaat sind zudem nicht nur preisliche Maßstäbe zu berücksichtigen. Im Gegensatz zum ORH hat der Freistaat zahlreiche für den wissenschaftlichen und universitären Verwendungszweck essenzielle Faktoren wie den volkswirtschaftlichen Nutzen, Verkehrsanbindung, kurze Wege oder den Erhalt denkmalgeschützter Gebäude in die Kaufüberlegungen mit einbezogen. Solche Grundstücksgeschäfte sind nicht die Regel, sondern Ausnahmen. Sie müssen und werden in solchen besonders gelagerten Fällen weiterhin möglich sein, um eine positive Weiterentwicklung des Freistaats Bayern und seiner Einrichtungen zu ermöglichen.

Der Oberste Rechnungshof (ORH) hat im Zeitraum vom September 2018 bis August 2020 vier staatliche Immobilienkäufe aus dem Jahr 2018 geprüft. Mit Schreiben vom 14. August 2020 hat der ORH Prüfungsmitteilungen übersandt und die Staatsregierung um eine Stellungnahme gebeten. Es handelt sich dabei um das „Karmelitenkloster“ in Straubing für den Campus Straubing der Technischen Universität München, das Grundstück „Brunecker Straße“ in Nürnberg für die neu gegründete Technischen Universität Nürnberg, den sogenannten „Himbeerpalast“ in Erlangen für die Philosophische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Grundstücke für das „NAWAREUM“ in Straubing.

Zu den vier Immobilien:

„Karmelitenkloster“ in Straubing: Im Zuge der Behördenverlagerungen 2015 fiel die Entscheidung, das damalige Wissenschaftszentrum Straubing für Nachwachsende Rohstoffe auszubauen, um den Wissenschaftsstandort Straubing zu einer attraktiven und auch international sichtbaren Forschungs- und Ausbildungsstätte auszubauen. 2017 erfolgte die Umwandlung in ein Integratives Forschungszentrum. Der Ausbau auf 1.000 Studienplätze bedeutet einen zusätzlichen Flächenbedarf von 5.600 Quadratmetern für Büros, Labore, Unterrichtsräume und Technikflächen. Im Karmelitenkloster kann ein erheblicher Teil des Flächenbedarfs in fußläufiger Nähe zu den bestehenden Räumlichkeiten der Einrichtung gedeckt werden. Zusammen mit dem Kloster hat der Freistaat auch die Karmelitenkirche erworben. Kloster und Kirche wurden nur als Gesamtpaket angeboten. Mit dem Räumen des Karmelitenklosters hat Straubing einen attraktiven, vernetzten und weitgehend geschlossenen Campus in direkter Nähe zur Innenstadt erhalten. Gleichzeitig hat der Freistaat mit dem Karmelitenkloster ein bedeutsames, innerstädtisches Denkmalensemble dauerhaft gesichert und einer sinnvollen neuen Nutzung zugeführt.

„Brunecker Straße“ in Nürnberg: Die Gründung der Technischen Universität Nürnberg ist die erste Neugründung einer Universität in Bayern seit mehr als 40 Jahren. Sie soll sich in Forschung, Lehre und Transfer mit den großen gesellschaftlich relevanten Zukunftsfragen der Technikwissenschaften befassen und eine Universität mit deutschlandweitem Modellcharakter werden. Nürnberg bietet als Standort eine wertvolle Unternehmens- und Wissenschaftslandschaft. Für den Campus hat der Ministerrat auf Vorschlag der zuständigen Strukturkommission eine Hauptnutzfläche von mindestens 120.000 Quadratmetern beschlossen. Unter Berücksichtigung der Standortvorgaben hat die Immobilien Freistaat Bayern eine Markterkundung vorgenommen. Diese hat ergeben, dass für die Deckung der staatlichen Bedarfe am Markt keine Alternative zum Grundstück an der Brunecker Straße vorhanden war. Dies ergibt sich insbesondere schon allein aus der erforderlichen Größe und den Spezialbedarfen, die eine neue und innovative Technische Universität mit sich bringt. Auch die Stadt Nürnberg hat dies bestätigt. Der Kaufpreis für die Immobilien lag zwar über dem gutachterlich ermittelten Verkehrswert. Der Erwerb solcher Grundstücke ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn der Erwerb des Grundstücks, wie im vorliegenden Fall, die einzig wirtschaftliche Möglichkeit der Bedarfsdeckung darstellt und somit ohne Alternative ist.

„Himbeerpalast“ in Erlangen: Die Philosophische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität verteilt sich derzeit auf eine Vielzahl von Standorten in Erlangen und Nürnberg. Die Gebäude in Staatsbesitz sind teilweise baufällig, die anderen Räumlichkeiten sind angemietet und verteilen sich im gesamten Erlanger Stadtgebiet. Eine Sanierung der bestehenden Gebäude ist – soweit bautechnisch überhaupt möglich – unwirtschaftlich. Die Standorte sollen daher im Gebäudekomplex „Himbeerpalast“ zusammengeführt werden, um den Lehr- und Forschungsbetrieb der Philosophischen Fakultät und des Fachbereichs Theologie aufrecht erhalten zu können. In diese Planung wurden auch Standortvorteile wie eine gute Verkehrsanbindung und kurze Fußwege für die Studierenden einbezogen. Zudem liegt der „Himbeerpalast“ in einem dynamischen Entwicklungsgebiet der Stadt Erlangen, das diese als „Wissenschaftsmeile“ entwickeln möchte.

„NAWAREUM“ in Straubing: Das „NAWAREUM“ ist ein Informations- und Beratungszentrum für erneuerbare Energien und Rohstoffe. Grund für die Wahl des Standortes war die unmittelbare Nähe zum Bestandsgelände des Technologie- und Förderzentrums im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe. Die Grundstücke waren für das Gesamtkonzept des NAWAREUM notwendig. Unter anderem entstand so ein repräsentativer Vorplatz mit Demonstrationsflächen und Schaugärten. Aufgrund der Lage der Grundstücke in unmittelbarer Nachbarschaft des Ausstellungsgebäudes stellten die Grundstücke die einzige Möglichkeit dar, den Flächenbedarf zu decken. Die Grundstücke wurden dabei ausschließlich im Paket verkauft.