Forderungen an neue Bundesregierung
München, 08.12.2021Kerstin Schreyer: "Bundesregierung bei Wohnen, Bau und Verkehr genau auf die Finger schauen"
- Koalitionsvertrag kränkelt bei Finanzierung und Planbarkeit
- Verkehrswende spielt für neue Regierung keine Rolle
- Eigenständiges Bauministerium nach bayerischem Vorbild
Mit der Vereidigung des Bundeskanzlers und seiner Ministerinnen und Minister hat die neue Bundesregierung mit dem heutigen Tag ihre Arbeit aufgenommen. Die Bayerische Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Kerstin Schreyer hat bereits zahlreiche Punkte identifiziert, an denen sie die neue Bundesregierung messen wird: „Nachdem dem neuen Bundeskabinett kein einziger Vertreter aus Bayern angehört, müssen wir von München aus genau im Blick haben, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat in Berlin nicht untergehen. Ich biete der neuen Bundesbauministerin und dem neuen Bundesverkehrsminister eine konstruktive Zusammenarbeit an.“
Als Beispiel nennt Schreyer den sozialen Wohnungsbau: „Erfolgreiche Wohnraumförderung braucht Planbarkeit. Wenn die Bundesregierung ihr im Koalitionsvertrag festgeschriebenes Ziel von 100.000 öffentlich geförderten Wohnungen pro Jahr erreichen möchte, dann brauchen wir eine konstante Erhöhung der Mittel für den geförderten Wohnungsbau. Bislang ist völlig unklar, wie der Bund das finanzieren möchte. Es braucht jetzt schnell Klarheit, damit sich das ambitionierte Ziel nicht als Augenwischerei herausstellt.“ Schreyer begrüßt, dass der Bund dem Beispiel Bayerns gefolgt ist, und ein eigenes Bauministerium geschaffen hat.
Um möglichst schnell neuen Wohnraum zu schaffen, müssten aber auch mehr Anreize zum Bauen geschaffen werden. Schreyer bringt dazu erneut das Thema Baurecht auf Zeit ins Spiel: „Beim Baurecht auf Zeit ist das Baurecht im Bebauungsplan von Anfang an befristet und verfällt nach Fristablauf. Dies hält die Grundeigentümer dazu an, zeitnah ihr Grundstück zu bebauen, was den Wohnungsbau beschleunigt.“ Handlungsbedarf besteht laut Schreyer auch bei der Beschleunigung von Bauvorhaben. „Die Befristung des Paragraphen 13b im Baugesetzbuch ist ein Fehler, der schnell behoben werden muss. Mit der bisherigen Regelung können kleinere Flächen am Ortsrand, die sich im Außenbereich befinden, in einem beschleunigten Verfahren zu Bauland gemacht werden. Wer es mit der Forderung nach Beschleunigung und Vereinfachung von Baumaßnahmen ernst meint, muss hier ansetzen und darf die Vorschrift nicht Ende nächsten Jahres auslaufen lassen.“
Auch im Verkehrsbereich warnt Schreyer vor handwerklichen Fehlern der neuen Bundesregierung, die sich bereits im Koalitionsvertrag abzeichnen. Zum Beispiel will die neue Regierung die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplans noch einmal aufschnüren. „Der Bundesverkehrswegeplan muss nicht diskutiert, sondern umgesetzt werden“, so Schreyer. „Wenn jetzt noch einmal über bereits laufende Projekte abgestimmt werden soll, führt das nur zu Verzögerungen. Das können sich die Bürgerinnen und Bürger, die dringend auf Verbesserung bei der Verkehrsbelastung warten, nicht leisten.“
Beim Schienenverkehr drängt Schreyer auf die Einhaltung der klimapolitischen Zielsetzung: „Es spricht Bände, dass das Wort ‚Verkehrswende‘ im Berliner Koalitionsvertrag kein einziges Mal vorkommt. Wenn es dem Bund mit seinen klimapolitischen Zielen ernst ist, müssen die Regionalisierungsmittel für den Schienenverkehr beginnend ab 2022 bis mindestens 2030 jedes Jahr zusätzlich um 1,5 Milliarden Euro erhöht werden. Außerdem braucht es für den Ausbau der Schieneninfrastruktur zusätzliche Stellen beim Eisenbahn-Bundesamt.“
Sorge bereitet Schreyer, dass die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag das Zentrum Zukunft der Mobilität „neu aufstellen“ möchte: „Die Festlegung auf München als Standort des Zentrums Zukunft der Mobilität darf nicht angetastet werden. Ich hoffe inständig, dass es sich nun nicht rächen wird, dass es im neuen Kabinett keine Stimme mehr aus Bayern gibt. Ich fordere, dass sich die neue Bundesregierung zur bisherigen Standortentscheidung bekennt.“
Besonders düster sieht es beim Thema Radverkehr aus. Die entsprechende Formulierung im Koalitionsvertrag sieht lediglich eine Absicherung der Mittel bis 2030 vor. „Diesen wachsweichen Minimalkonsens als ‚Stärkung“ des Radverkehrs zu bezeichnen, ist ein politischer Offenbarungseid“, so Schreyer. „Bayern hat seine Investitionen in die Stärkung des Radverkehrs im letzten Haushalt gesteigert und ich erwarte auch vom Bund mehr Anstrengungen, als lediglich eine Absicherung der Mittel.“
Schreyers Fazit: „Die neue Bundesregierung muss den Koalitionsvertrag noch gewaltig mit Leben füllen, um den künftigen Herausforderungen in den Bereichen Wohnen, Bau und Verkehr etwas entgegensetzen zu können. Wir werden Berlin von Bayern aus genau auf die Finger schauen, damit die Menschen im Freistaat nicht benachteiligt werden. “